Selen

Als Bestandteil von etlichen Enzymen (Selenoproteine) ist das Spurenelement Selen an einer Vielzahl von lebenswichtigen Reaktionen im Körper beteiligt. Die Enzyme wirken antioxidativ, unterstützen das Immunsystem und regulieren den Haushalt der Schilddrüsenhormone.
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Steckbrief

1. Wissenschaftlicher Name: Selen

2. Nährstoffkategorie: essentieller Mineralstoff, Spurenelement²

3. Funktion im Körper: Regulierung der Schilddrüsenfunktion, Unterstützung des Immunsystems durch antioxidative Wirkungen, als Baustein für Spermien essentiell für die Fortpflanzung²⁰

4. Natürliche Quellen: Paranüsse, Gemüse (Kohl, Knoblauch, Zwiebeln, Pilze, Spargel), Hülsenfrüchte; Fleisch, Fisch, Eier (Selen als Nahrungsergänzungsmittel in Tierfutter)²

5. Tagesbedarf laut DGE: Kinder bis 15 Jahre: 10-45 µg/Tag; Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene: 70 µg/Tag (m), 60 µg/Tag (w)¹

6. Mangelerscheinungen: Beeinträchtigung des Immunsystems, der Muskelfunktion (Myopathie) und der Spermabildung²; Makrozytose (vergrößerte Erythrozyten)⁵; Mangelerkrankungen: Keshan-Krankheit (Erkrankung des Herzmuskels) und Kashin-Beck-Krankheit (Veränderungen des Gelenks und Knochenapparates)²

7. Risikogruppen: VeganerInnen, VegetarierInnen⁵, Menschen mit einseitigen Ernährungsgewohnheiten⁵, Menschen mit Magen-Darm-Erkrankungen, DialysepatientInnen⁵

 

Beschreibung

Selen ist ein essentielles Spurenelement, das in unserem Körper in unterschiedlichen Formen vorkommt. Aus der Nahrung nehmen wir organisches Selen in Form von selenhaltigen Aminosäuren auf. In pflanzlichen Lebensmitteln ist meist Selenomethionin enthalten, während wir aus tierischen Lebensmitteln Selen als Selenocystein zu uns nehmen⁵. Die Struktur der beiden selenhaltigen Aminosäuren gleicht der von den Aminosäuren Methionin und Cystein, mit der Ausnahme, dass das Schwefel-Atom durch Selen ersetzt wird⁸. Anorganische Selenverbindungen wie Natriumselenit und Natriumselenat werden für Nahrungsergänzungsmittel verwendet⁵.

Selen wird im Körper in verschiedene Proteine, die Selenoproteine, eingebaut⁶,⁸. Der Gesamtkörperbestand an Selen beträgt etwa 5-15 mg. Davon befindet sich ca. die Hälfte in der Skelettmuskulatur. Weitere selenreiche Organe sind die Nieren und Leber⁵.

 

Physiologische Bedeutung

Als Bestandteil von etlichen Enzymen (Selenoproteine) ist Selen an einer Vielzahl von lebenswichtigen Reaktionen im Körper beteiligt²,⁶. Die Enzyme wirken antioxidativ, regulieren den Haushalt der Schilddrüsenhormone und fungieren als Baustein der Spermien².

Die selenhaltigen Glutathionperoxidasen (GPxs), Selenoprotein P und W sind antioxidative Enzyme, die die Zellen vor schädlichen Radikalen schützen²,⁵. Dadurch wird vor allem die Schilddrüse vor den schädlichen Wasserstoffperoxiden, die für die Bildung von Schilddrüsenhormonen benötigt werden, geschützt⁵. Darüber hinaus ist Selen Bestandteil der Dejodasen, die für eine normale Schilddrüsenfunktion benötigt werden⁵. Selen trägt zudem zur Immunfunktion bei, indem es die Bildung und Aktivität von Immunzellen fördert⁹,¹⁸.

 

Anwendungsgebiete

Ein Selenmangel tritt in Europa nur selten auf, obgleich nicht nicht alle Bevölkerungsgruppen genügend Selen zuführen oder verwerten können. Dazu gehören Gruppen, die einen erhöhten Selenbedarf durch Erkrankungen oder Selenverluste haben. Menschen, die unter Leberzirrhose oder Absorptionsstörungen (chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Mukoviszidose) leiden, müssen auf eine ausreichende Selenzufuhr achten. DialysepatientInnen und Menschen mit schweren chronischen Durchfällen haben hohe Selenverluste, die ausgeglichen werden sollten⁵. Selen zählt zu den kritischen Nährstoffen für VeganerInnen und VegetarierInnen, da dessen Vorkommen von pflanzlichen  Nahrungsmitteln vom Selengehalt im Boden abhängig ist¹⁹. Vor allem in Zentralafrika und Asien sind die Böden selenarm, aber auch in einigen Regionen Europas enthalten die Böden nur geringe Mengen des Spurenelementes². Die Supplementation ist demnach für alle Menschen sinnig, die sich überwiegend von Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs ernähren⁷. Zudem empfiehlt die DGE Stillenden eine zusätzliche Aufnahme (15 µg) von Selen, um die Selenabgabe über die Muttermilch zu kompensieren². Daraus ergibt sich ein Bedarf von 75 µg/Tag für Stillende¹.

 

Substitution

Laut EFSA ist eine tägliche Zufuhrmenge von 300 µg Selen für Erwachsene unbedenklich. Für Kinder und Jugendliche gelten Höchstmengen zwischen 90 µg (4-6 Jahre) und 250 µg (15-17 Jahre). Diese Mengen seien tolerierbar und ohne Risiko für schädliche Nebenwirkungen⁴,⁸. Eine permanent zu hohe Zufuhr von Selen kann eine Selenose verursachen. Diese ist mit neurologischen Störungen, Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Übelkeit und Durchfall verbunden⁵. Basierend auf der Beurteilung der EFSA leitet das BfR für Nahrungsergänzungsmittel eine Höchstmenge von 45 µg Selen pro Tag ab. Die Selenzufuhr von Personen mit hohem Selenverzehr (95. Verzehrperzentil; P95 → 70 µg/Tag) wurde von der empfohlenen Höchstmenge für 15-17Jährige (250µg) abgezogen, sodass noch 180 µg  für den restlichen Verzehr übrig bleiben. Diese wurden auf den Selenverzehr durch Supplemente und angereicherte Lebensmittel auf jeweils 90 µg aufgeteilt. Abschließend wurde durch den Unsicherheitsfaktor von 2 geteilt, sodass sich 45 µg Selen pro Tag für die Zufuhr durch Supplemente ergeben⁴.  

In Studien zeigte die Supplementation von Selen positive Wirkungen auf die Immunfunktion und Schilddrüsenerkrankungen. Die Gabe von 400 µg Selen in Form von Selenhefe steigerte in einem Studienkollektiv die Konzentration von T-Zellen und Zytotoxizität von Natürlichen Killerzellen (beides Immunzellen) um 27 % mehr als das Placebo¹¹. Des Weiteren konnte durch 100 µg Selen aus Selenhefe die Antwort des Immunsystems auf Antigene signifikant gesteigert werden¹². Das gleiche konnte bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom, die 200 µg Selen in Form von Natriumselenit supplementierten, beobachtet werden¹³.

 

Qualitäts-/ Anwendungsunterschiede:

Selen ist in verschiedenen Formen und Verbindungen erhältlich, die sich in ihrer Bioverfügbarkeit für unseren Körper unterscheiden. Dabei können generell organische Formen vom Körper besser aufgenommen werden als anorganische Formen⁵,¹¹. Das organische L-Selenomethionin besitzt eine Bioverfügbarkeit von etwa 90 %10, während die anorganischen Formen Selenit und Selenat nur zu 50-60 % bioverfügbar sind⁵,⁶. Letztere kommen in verschiedenen Verbindungen mit Natrium (Natriumselenit, Natriumhydrogenselenit und Natriumselenat) vor. Für die Supplementation wird meist Natriumselenit verwendet, da es leichter verstoffwechselt werden kann¹⁷. Zwar sind die anorganischen Formen weniger bioverfügbar, allerdings werden sie effektiver vom Körper verwertet. Sie werden nur in Selenoproteine eingebaut³.

Die organische Form L-Selenomethionin besitzt eine höhere Halbwertszeit als Natriumselenit, ist also länger für den Körper verfügbar. Jedoch wird sie auch unreguliert und unspezifisch in Körperproteine ohne selenabhängige Funktion an Stelle der Aminosäure Methionin eingebaut³,¹¹. Die Freisetzung des L-Selenomethionins aus den Körperproteinen ist unabhängig vom Selenbedarf. Folglich wird es auch freigesetzt, ohne dass der Körper einen Bedarf hat. Dadurch steigt die Selenkonzentration im Blut, was bei einer chronisch hohen Zufuhr zu Nebenwirkungen führen kann³,⁵

 

Zugelassene Gesundheitsaussagen 

  • Selen trägt zu einer normalen Spermabildung bei
  • Selen trägt zur Erhaltung normaler Haare bei
  • Selen trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei
  • Selen trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei
  • Selen trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei
  • Selen trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen

 

Quellen

1https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/selen/?L=0

2https://www.dge.de/wissenschaft/faqs/selen/ 

3https://www.bfr.bund.de/cm/343/selenverbindungen_in_nahrungsergaenzungsmitteln.pdf

4https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-selen-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf

5https://www.bfr.bund.de/cm/350/verwendung_von_mineralstoffen_in_lebensmitteln_bfr_wissenschaft_4_2004.pdf 

6https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK225470/

7https://ods.od.nih.gov/factsheets/Selenium-HealthProfessional/

8 https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.2903/j.efsa.2014.3846 

9 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22381456/

10https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6274134/

11 https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1096219000000093

12 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0140673600024909

13https://link.springer.com/article/10.1385/BTER:73:2:97

14 https://academic.oup.com/ajcn/article/80/1/154/4690273?login=true

15,https://www.liebertpub.com/doi/abs/10.1089/thy.2009.0351 

16 https://academic.oup.com/jcem/article/92/4/1263/2596911?login=true

17https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4772044/

18https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0140673611614529#bibl10

19https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26840251/

20https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32012R0432&from=DE

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